Maroua, 7. Februar 2024

Jesus spricht: „Und der König wird ihnen antworten: ‚Amen, das sage ich euch: Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.‘“ Matthäus 25, 40 (BasisBibel)

Letzte Nacht wurde ich wach und konnte nicht mehr einschlafen. Immer und immer wieder hatte ich den anfangs zitierten Bibelvers im Kopf.

Viele Begegnungen der letzten Tage liefen wie im Film vor meinem inneren Auge ab:

Eine Händlerin erzählt stolz, wie ihr geholfen hat, dass sie nun französisch sprechen kann. Sie hat neue Kunden gewonnen, die nicht die Umgangssprache Fulfuldé sprechen.

Eine Mutter erzählt, dass sie nun die Schulhefte ihrer Kinder kontrollieren kann. Sie merkt, wenn sie die Schule schwänzen oder schlechte Noten haben. Jetzt kann sie auch die Schrift korrigieren und ihre Kinder unterstützen, in der Schule besser zu werden.

Eine junge Frau hat 2008 bei uns mit der Alphabetisierung angefangen, hat danach das Schneiderhandwerk erlernt und ist heute eine gefragte Schneiderin und stolze Besitzerin eines der besten Läden Marouas. Sie ist unabhängig und kann mit dem Geld, das sie verdient, ihre Familie unterstützen.

Dünger ist teuer und die wenigsten können es sich leisten, Dünger zu kaufen. Eine Landwirtin erklärt uns stolz, wie die Gruppe gelernt hat, Kompost herzustellen. Der hergestellte Kompost wurde unter den Gruppenmitgliedern verteilt. In dem Bereich ihres Feldes, den sie mit dem selbst hergestellten Kompost gedüngt hat, konnte sie wesentlich mehr Hirse ernten. Ja, es ist harte Arbeit, doch sie meint, es lohnt sich. Die Gruppe will nun Kompost in größeren Mengen herstellen und auch verkaufen.

Eine Frau aus einer anderen Gruppe hat RNA (siehe Blog: Bäume der Hoffnung) angewendet. Schon nach dem ersten Jahr hat sie fast doppelt so viel geerntet. Es spornt andere Mitglieder der Gruppe an, diese günstige und einfache Methode ebenfalls anzuwenden.

Ich frage mich: „Was haben wir denn schon getan?“ Wir haben den Frauen viele Fragen gestellt und ihnen zugehört. Das war und ist für die meisten von ihnen neu und ungewohnt. Erwartet hatten sie, dass wir ein minutiös ausgearbeitetes Programm haben, dem sie nur folgen müssen. Stattdessen müssen sie viele Fragen beantworten, sowie Aufgaben angehen und lösen. Das ist für die meisten eine Umstellung und ein zum Teil schwieriger Prozess, der viel Geduld erfordert. Auf allen Seiten: bei der Gruppe, bei den einzelnen Frauen und bei Lumière-Cameroun. Doch er lohnt sich.

Alle Gruppen, die nun selbständig arbeiten, führen ihre Aktivitäten fort. Sie überwinden nun eigenständig Hindernisse und Probleme, die nirgends ausbleiben. Ihr Erfolg ist eine große Motivation für Lumière-Cameroun. Es spornt uns an, zu sehen, wie die anfänglich schüchternen Frauen immer selbstbewusster werden und ihre Angelegenheiten in die Hand nehmen. Das ist für uns Nachhaltigkeit.

Das hört sich vielleicht zu einfach an. Ist es leider nicht. Es ist ein schwieriger und steiniger Weg.

Zu Beginn denken die meisten Frauen, dass der Nassara, wie wir Weißen hier genannt werden, Geld im Dorf lässt, das man verteilen kann. Wie so viele Menschen auf der Welt, so sucht man auch hier im Herzen Afrikas einen einfachen Weg, zu Geld und möglichst zu viel Geld zu kommen. Aber schon Gott sagte zu dem Menschen, Adam: „Dein Leben lang musst du dich abmühen, um dich von ihm [dem Erdboden] zu ernähren.“ (1. Mose 3, 17 Basisbibel)

Die erste Spreu trennt sich vom Weizen, wenn die Frauen merken, dass es mit uns anders läuft. Sie müssen erst einmal überlegen, diskutieren und entscheiden, welche Ziele sie erreichen wollen, als Gruppe und als Mitglied. Dann merken sie von selbst, dass dies mit Arbeit verbunden ist, und von 150 Frauen bleiben vielleicht 75 übrig, die mit dem ABC beginnen.

Nicht, dass die anderen dann ruhig wären. Nein, sie legen sogar noch Steine in den Weg und entmutigen die Frauen, die in die „Mama-Schule“ gehen. „Was willst du denn in deinem Alter schon lernen?“ Einige aktive Frauen in einem Dorf wollten sie demotivieren und riefen ihnen „Connait Beaucoup“, wörtlich „Vielwisser“ im Sinne von „Streber“ hinterher. Doch diese Frauen ließen sich nicht von ihrem Weg abbringen und legten es als Auszeichnung aus: „Ja, wir wissen viel …“ mit dem unausgesprochenen Unterton „… und mehr als ihr.“

Dann beginnen die Aktivitäten und die Frauen merken, dass es nicht so einfach ist, dass sie Durchhaltevermögen und Geduld auf dem Weg brauchen. Sie merken, dass der Erfolg nicht gleich einsetzt und das Geld nicht vom Baum fällt (siehe Reisebericht von Dr. Hansjörg Schemann).

Fast von jeder Gruppe höre ich, dass einige Frauen erwarten, dass SIE für den Besuch des Unterrichts bezahlt werden. Ich bewundere die Weisheit der Frauen, die durchhalten. Als ich gestern eine Gruppe fragte, was sie diesen Frauen entgegnen, bekam ich die Antwort: „Wir sagen ihnen: ‚Du willst Geld, dass du zum Unterricht kommst? Wir kommen, um etwas zu lernen!‘“

Doch der Rest von vielleicht 30 bis 50 Frauen, der die Entwicklungsmöglichkeiten erkannt hat, die unsere Zusammenarbeit bietet, geht voran. Diese Frauen lassen sich nicht von dem Weg abbringen. Sie lernen, sie wachsen an Erkenntnissen, ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt. Lumière-Cameroun begleitet diese Frauengruppen als Coach. Wir fördern ihre Fähigkeiten und geben ihnen die Möglichkeit, weiter zu wachsen und kreativ neue Projekte und Herausforderungen anzugehen. Die anfangs geschilderten Beispiele und noch viele mehr zeigen, dass es möglich ist.

Und die Frauen können stolz auf sich sein. Was sie erreicht haben, haben sie selbst getan.

Die Auszubildenden hören aufmerksam zu.

Gespräch mit den Schülerinnen in Dalgaza

Die Probleme der Leiterinnen der Frauengruppe in Adia werden besprochen

Die stolze Händlerin

Die stolze Ladenbesitzerin

Die stolze Landwirtin