Yaoundé, 6. März 2023

„Ich glaube fest daran, dass Afrika mit den richtigen Anbaumethoden leicht die Welt ernähren könnte!“ Seit ich diesen Satz von Tony Rinaudo* zum ersten Mal gehört habe, geht er mir nicht mehr aus dem Kopf.

Am Ende meines Reiseberichts Teil 3 habe ich mehr Informationen über die von dem „Waldmacher“ Tony Rinaudo entdeckte und entwickelte Methode der „assistierten natürlichen Regenerierung“ (FMNR oder RNA**; im Folgenden werde ich die französische Abkürzung RNA verwenden) angekündigt. Mit etwas Verspätung löse ich mein Versprechen nun ein. Danke für die Geduld.

Tony und RNA habe ich in der letzten Ausgabe des Lumière-Cameroun Journal etwas ausführlicher vorgestellt. Die positiven Auswirkungen für Natur, Klima und vor allem für die Menschen sind enorm: Millionen Bäume wachsen, ohne dass ein einziger gepflanzt werden muss. Die Natur hat die Möglichkeit, sich zu regenerieren. Millionen Tonnen CO2 werden jedes Jahr gespeichert, und zwar auf natürliche und äußerst günstige Weise. Darüber hinaus geben die Bäume den Menschen in den Trockengebieten Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Ernteerträge steigen, verdoppeln, ja verdreifachen sich. Sie können Vorräte für Dürrejahre anlegen und haben darüber hinaus ein Einkommen. RNA ist einfach anzuwenden und kostet nichts. Ist sie zu einfach und zu günstig, um wahr zu sein? Ist sie die eierlegende Wollmilchsau? Die vielen Landwirte, die RNA weltweit mit Erfolg anwenden, würden die Frage bestimmt mit „ja“ beantworten.

Mit all diesen positiven Eindrücken bin ich vor zwei Monaten nach Kamerun gereist und war gespannt, was daraus entstehen würde. Vorher habe ich Tony noch gefragt, ob es in Kamerun Gruppen gibt, die RNA anwenden. Tony hat bei seinem Team nachgefragt, aber sie haben keine Informationen darüber.

Umso erstaunter war ich zu erfahren, dass in unserer Region im Äußersten Norden Kameruns viele Landwirte vor über 20 Jahren RNA angewendet haben. Um die Jahrtausendwende war RNA ein Programm der Regierung. In fast jedem Gespräch mit Frauengruppen oder einzelnen Personen habe ich darüber berichtet und auch Tonys Vision mit ihnen geteilt. Immer bekam ich die Reaktion: „Ja, wir kennen RNA und wir können die positiven Auswirkungen bestätigen.“ „In einigen wenigen Dörfern wird RNA bis heute mit Erfolg angewendet.“

Das war ein Türöffner erster Klasse. Um so erstaunter war ich, dass sich der Erfolg nicht auf breiter Basis durchgesetzt hat. Auf meine Rückfrage, warum das so ist, habe ich eigentlich keine für mich wirklich plausible Erklärung erhalten. „Andere haben die Bäume wieder gefällt. Das hat uns entmutigt weiter zu machen“, war eine Antwort. Eine andere könnte sein, dass die Regierung damals einen geringen Betrag von 150 Francs (ca. 0,22 €) als Motivation pro regeneriertem Baum gezahlt hat. Nach dem Programmende wurden die Zahlungen eingestellt und die meisten Bäume wieder gefällt.

Wie dem auch sei. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, offene Türen einzurennen. Nach der sehr schlechten letzten Ernte in unserer Region mussten die Menschen nur an die Erfolge von RNA vor gut 20 Jahren erinnert werden. Ohne Ausnahme bekam ich positive Reaktionen. „Ja, in diesem Jahr werde ich es wieder anwenden.“ „Ich habe ein Feld in meinem Dorf und ich werde RNA anwenden und auch anderen Landwirten davon berichten. Ich bin sicher, dass einige mitmachen.“ Eine Gruppe junger Menschen einer lokalen Kirche, die sich für die ländliche Entwicklung einsetzt, hat zugesagt, RNA weiterzuverbreiten. Auch das Team von Lumière-Cameroun wird weiterhin in den Gesprächen mit den Frauen- und anderen Gruppen über die positiven Auswirkungen informieren. Ein junger Filmemacher, ein Mitglied von Lumière-Cameroun will einen Dokumentarfilm über die „Bäume der Hoffnung“ drehen, um vor allem junge Menschen zu ermutigen, ihre Zukunft in der Landwirtschaft zu finden.

„Lieber Gott, bitte mach mich zu deinem Werkzeug, damit ich irgendwie irgendwo etwas verändern kann“, ist das Gebet des damals zwölfjährigen Tony Rinaudo***. Ich habe mich gerne von Tonys Vision anstecken lassen. Einige Male hatte ich den Eindruck, dass Gott selbst die Menschen hier an die positiven Eigenschaften von RNA erinnern will, die viele von ihnen vor über 20 Jahren erfahren haben.

Tief in meinem Herzen wünsche ich, dass Tonys Vision Realität wird, dass Afrika eines nicht allzu fernen Tages die ganze Welt ernähren wird. Ich wünsche, dass die Bäume der Hoffnung auf den Feldern und in den Herzen dieser wunderbaren Menschen wachsen. Gott segne Afrika! Gott segne die Menschen! 

Ein absolut lesenswertes Buch. Es hat mich, meine Mission und das gesamt Lumière-Cameroun Team nachhaltig beeinflusst. Das Leben von Tony Rinaudo ist ein wunderbares Beispiel von Gottes Wirken auch in unseren Tagen.

 

Mit freundlicher Genehmigung von Volker Schlöndorff zeigen die Christuskirche und Lumière-Cameroun in Kooperation mit dem Rotary-Club Aschaffenburg-Schönbusch den Dokumentarfilm „Der Waldmacher“ am
Freitag, den 17. März 2023 um 19:00 Uhr im Bachsaal der Christuskirche Aschaffenburg, Pfaffengasse 13.
Danach wird es noch Zeit geben, sich über den Film auszutauschen.

 


* Zitat von Tony Rinaudo aus Volker Schlöndorffs Dokumentarfilm „Der Waldmacher“

** FMNR – Farmer Managed Natural Regeneration. Auf französisch RNA – Régéneration Naturelle Assistée (unterstützte natürliche Regenerierung). Mehr Informationen sind unter https://fmnrhub.com.au/ zu finden.

*** Tony Rinaudo, Unsere Bäume der Hoffnung. Wie ein Mann die Wunder der Schöpfung nutzbar macht, um den Hunger zu besiegen, SCM Hänssler, Holzgerlingen, 2022